Berufsmilitär Nef trat zurück, nachdem Stalkingvorwürfe bekannt geworden waren.  (Foto: Keystone)

Die Affäre Nef

2007 wurde Roland Nef vom damaligen Bundesrat Samuel Schmid zum Armeechef gemacht. Der damals knapp 48-jährige Berufsmilitär galt in der Öffentlichkeit und in weiten Kreisen der Armee als Hoffnungsträger – bis im Juli 2008 eine Artikelserie über ein in Zürich eingestelltes Strafverfahren die jähe Wende brachte.

Ein dünnes Bündel Polizeiprotokolle waren der Grundstock der Recherche. In den Protokollen sagte die ehemalige Partnerin von Nef aus, sie sei vom Armeechef genötigt und schwer belästigt worden.

Wir – Catherine Boss, Karl Wild und ich – recherchierten mehrere Wochen. Stimmt, was in den Papieren steht? Wie schätzten die Untersuchungsbehörden die Sache ein? Wie gingen Bundesrat Schmid, der Nef zum Armeechef gemacht hat, mit den Informationen um. Was wusste er überhaupt? Was wusste der Gesamtbundesrat, der Schmids Wahlvorschlag absegnete?

In einer ersten Publikation gingen wir bewusst nicht auf die massiven Zwischenfälle im Privatleben Nefs ein. Wir thematisierten, dass Bundesrat Schmid den hohen Berufsmilitär zur Wahl vorgeschlagen hatte, obwohl gegen ihn ein Strafverfahren wegen Nötigung im Gang war. Wir schrieben, dass Schmid dies tat, obwohl ein laufendes Strafverfahren normalerweise einene sofortigen Beförderungsstopp zur Folge hat. Das Verteidigungsdepartement räumte am Tag nach der Berichterstattung ein, Bundesrat Schmid habe bei der Ernennung von Roland Nef zum Armeechef seine Regierungskollegen nicht über die hängige Strafanzeige informiert.

Bundesrat Schmid geriet nach Bekanntwerden der Stalking-Affäre in Bedrängnis. (Foto: Keystone)

Nach der Publikation gingen die Wogen hoch. Der Druck auf Nef und Bundesrat Schmid war stark. Nach Tagen des Schweigens trat Schmid am 18. Juli 2008 vor die Mikrofone. Der erstaunten Öffentlichkeit sagte er, er kenne die genauen Vorwürfe gegen den Armeechef und den Inhalt der Strafanzeige nicht. Die Wahl von Nef, der sich durch eine «einwandfreie charakterliche Eignung» auszeichne, sei ein «kalkulierbares Risiko» gewesen. 

Teile von Schmids Aussagen waren nicht richtig: Wir hatten Bundesrat Schmid schon Ende Juni mit dem Inhalt der Strafanzeige gegen Nef konfrontiert. Zudem standen Schmids Schilderungen in krassem Widerspruch zu den Untersuchungsakten, welche Hinweise auf teils massive charakterliche Schwächen Nefs gaben. Diese Verharmlosungen und Verschleierungen konnten wir nicht stehen lassen. Das öffentliche Interesse an einer klärenden Berichterstattung war gegeben. 

Wir waren so quasi gezwungen, auf die Vorwürfe gegen Nef näher einzutreten. Denn es war einfach nicht zutreffend, dass von Schmid ins Amt gehobene Armeechef über alle Zweifel erhaben war. Trotzdem hielten wir uns auch in unserer zweiten Publikation bewusst zurück. Unser Prinzip war: Möglichst viel wissen, nur das Nötigste schreiben. 

Am nächsten Tag ging Schmid öffentlich auf Distanz zu seinem Armeechef: Er gab diesem einen Monat Zeit um reinen Tisch zu machen. Gelinge ihm dies nicht, wollte Schmid beim Gesamtbundesrat die Entlassung Nefs beantragen. Vier Tage später reichte Nef sein Rücktrittsgesuch ein. Der Druck auf Samuel Schmid nahm trotzdem zu. Immer wieder war er mit Rücktrittsforderungen konfrontiert. Am 12. November 2008 demissionierte der Militärminister, «meiner Gesundheit, meiner Familie, meinem Land und der Armee zuliebe».


Die Geschichten

«Jesses Gott, was habe ich
da angezettelt»

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30. November 2008


Akte Roland Nef: Darum hat ihn seine Ex-Partnerin angezeigt

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20. Juli 2008


Armee-Chef Nef: Seine Wahl erfolgte trotz hängigem Strafverfahren

Sonntagszeitung

13. Juli 2008