Journalist sein

Ich war 23 alt und Redaktor einer Wochen-Zeitung im Aargau, als mich das erste Mal das Recherchefieber packte. 

Ich interessierte mich für den Kanzlisten einer kleinen Gemeinde und den Leiter der örtlichen Mülldeponie. Sie liessen zu, dass Transportunternehmen die Müllgrube der Gemeinde mit Sondermüll füllten. Und nahmen dafür Schmiergeld. Ein Skandal, meinte ich, schrieb's, löste Ermittlungen und eine Debatte aus. 

Wenig später, Anfang Neunzigerjahre, zog es mich nach Zürich. Das war damals die Stadt der grossen journalistischen Enthüllungen: Geheimarmee, Fichen, Kopp & Co. Als Reporter für den «Tages-Anzeiger» tauchte ich ab in die Welt der Kriminellen und Geheimdienste. Hier lernte ich, dass sich Hartnäckigkeit lohnt.

Zum Beispiel bei der Recherche rund um einen Schweizer Waffenhändler und einen Südafrikaner, der in Zürich wegen Betrugs in Untersuchungshaft sass. Nach ungezählten Gesprächen und Datenbankabfragen war klar: Der Mann war Geheimdienstler, verantwortlich für ein Chemiewaffenprogramm gegen Afrikaner und zudem ein Vertrauter des damaligen Geheimdienstchefs Peter Regli.

Für die «Sonntagszeitung» und dazwischen auch für das Nachrichtenmagazin «Facts» leuchtete ich schwer zugängliche Winkel aus: Ich stiess auf ein Netzwerk von Bauern, die ihre Tieren illegal mit Antibiotika-Futter mästeten, und auf ein Netzwerk von Privatdetektiven, die schon damals Schweizer Bankdaten verkauften.

Eine heftige Debatte löste ich 1997 mit der Publikation eines vertraulichen Strategiepapiers des damaligen Schweizer Botschafters in den USA, Carlo Jagmetti, aus. Das Bundesgericht verurteilte mich wegen «Veröffentlichung amtlich geheimer Verhandlungen» zu einer Geldbusse. In einem für den freien Journalismus wichtigen Leitentscheid, den die «Sonntagszeitung» zehn Jahre später in der Sache bei der Grossen Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) erwirkt hatte, hielten die Richter fest, dass diplomatische Berichte keinen umfassenden Schutz vor der Öffentlichkeit geniessen. 

Verhandlung vor der Grossen Kammer des Europäischen Gerichtshofs mit der späteren EGMR-Richterin Helen Keller als Verteidigerin. (Foto: Frederick Florin/Getty)

Es war und ist mir ein Vergnügen, Geheimnisse zu lüften. In Ostberlin stöberte ich «Max» auf. Er war während des Kalten Krieges einer der wichtigsten Spione der Schweiz. Oder ich enthüllte die CIA-Verbindungen der Rheintaler Ingenieursfamilie Tinner. 

Als ich mich im Juni 2022 nach 32 Jahren aus dem Medienhaus Tamedia zurückzog, um mich ganz auf meine Aufgabe bei Öffentlichkeitsgesetz.ch zu konzentrieren, widmeten mir die Branchenmagazine Kleinreport und Persönlich grössere Interviews.

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